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Thema: Ximasal

  1. Standard Ximasal

    „DAS IST WIDERLICH, XIMI!“

    Der Gnom wirkte geradezu hysterisch, als er mit den über dem Kopf zusammengeschlagenen Händen einen angewiderten Blick in Richtung des Ratongas warf und seinen Blick alle paar Sekunden - als wieder einmal das Geräusch eines Beils, dass sich seinen Weg tief durch Fleisch und Knochen bahnte - an den Felswänden wiederhallte.

    Der Ratonga seufzte, ließ das Hackebeil in seiner Hand sinken, hob den Kopf und guckte dem Gnom mit versteinerter Mine direkt in die Augen. Völlig gefühllos, ohne jede Schwingung in seiner Stimme, schnaufte er.

    „Ich habe dir doch gesagt, dass du mich nicht Ximi nennen sollst, ... 'Ticki'“.

    Es herrschte einige Sekunden Stille, während der Gnom, der nur wenige Schritt abseits stand, versuchte, sein völlig von mathematischen, alchemistischen und quantenterrastrischen Formeln überlastetes Hirn wenigstens für einen Moment auf die Aussage eines relativ normalen Lebewesens zu fixieren.

    „Hmm ... tja ... dann nenn du mich nicht 'Ticki', Ximasal. Mein Name ist immer noch 'Tickbert'.“, der Gnom kratzte sich am Kinn, „Glaube ich jedenfalls ...“.

    Ximasal lachte ein wenig heiser – die Kälte der letzten Tage hatte ihm sichtlich zu schaffen gemacht. Er setzte sein Beil an und rammte es tief in den Oberschenkel eines menschlichen Leichnams, der direkt vor ihm lag.

    „Du bist echt schräg, mein Freund ...“.

    Tickbert wartete einen kurzen Moment.

    „Nicht schräger als du, Xima ...“.

    Ximasal und Tickbert kannten sich schon ausgesprochen lange - schon als Kinder hatten sie in den Mauern von Freihafen einigen Unsinn angestiftet. Sie kannten sich bereits so lange, dass zumindest Tickbert wusste, wie lange er eine Aussage zurückhalten muss, um die hundertprozentige Aufmerksamkeit des Ratonga zu erlangen.

    Und wie immer traf er genau den richtigen Zeitpunkt. Bevor Ximasal zum nächsten Schlag ansetzen konnte, senkte dieser das Beil, stand auf, griff nach einem zuvor abgetrennten Arm und schliff ihn lustlos hinter sich her, nur um ihn in ein hastig ausgegrabenes Erdloch zu werfen. Der Ratonga seufzte, während er in das Grab hinabblickte.

    „Du weisst doch, Ticks ... die Ehre ...“.

    „Die Ehre ... ja. Ich weiß ... du versuchst alles Unheil zu vernichten.“. Wieder eine dieser bedeutungsschwangeren Pausen. Ximasal hob den Kopf ... und hörte zu. „Aber das einzige, was du vernichtest, bist du selbst.“.

    Zunächst war die einzige Reaktion auf diese Aussage ein energisches Kopfschütteln. Nein, der Ratonga wusste genau, was er tat – oder zumindest glaubte er es zu wissen.

    Es war ruhig. Genau diese Art von Stille, die zwischen zwei Freunden nur bedeuten konnte, dass sie keine richtigen Freunde waren. Das sie sich nicht alles erzählen konnten. Tinkbert wartete auf eine Antwort, die allerdings auf sich warten ließ. Trotz dessen, dass ihn der Anblick des zerfetzten Leichnams zutiefst erschreckte, kam er ein paar Schritte näher und legte seine Hand freundschaftlich auf Ximasals Schulter – er merkte, dass der Ratonga bedrückt war. Der Ratonga hob leicht den Kopf.

    „Weisst dus, was dies Schweins getans hat?“

    „Nein ... ich weiß es nicht. Du erzählst mir nie was, Kumpel ...“.

    „Er hat Unschuldigs getötet. Nur um sich selbst zu bereichens“. Das passierte ständig, wenn Ximasal in irgendeinerweise erregt war. Er verfiel dem stereotypen Sprachfehler, der den Ratonga inne wohnt. Dennoch setzte er unbeirrt fort.

    „Nur ... nurs ... weil sies um ihrs Überlebens gekämpft habens. Weil sies was zu Essen wolltens. Nur'n Stücks Brots ... deswegen hat er sies umgebrachts“. Der Ratonga schniefte. „Sie habens ihm was genommens, was er sich tausendfachs leisten kanns. Und er hat sies getöts ...“. Ximasal senkte seinen Kopf und strengte sich an, nicht Rotz und Wasser zu heulen.

    Tickbert dachte nach. Er hätte seinen Freund nun beruhigen können, indem er ihm eine Lüge auftischte. Er hätte sich auch einfach abwenden können, um den Problemen, die sein Freund hatte, aus dem Weg zu gehen. Aber stattdessen blieb er und sein Griff verfestigte sich an der Schulter des Ratonga.

    „Du hast sie getötet ...“.

    Ximasals Kopf senkte sich. Liebend gerne wäre er aufgesprungen und hätte den Gnom für diesen „Verrat“ den Kopf abgerissen. Liebend gerne hätte er im Diebespfad zurückgelassen – als Futter für seine kranken Artverwandten, die dort unten hausten. Liebend gerne hätte er ihn als einen Sklaven in die „Obhut“ eines gut betuchten Ratonga getrieben.

    Aber er wusste, das der Gnom Recht hatte.

    Ximasal hatte nie das Zeug dazu, ein wirklich ehrenwertes Wesen zu werden. Dafür hasste er sich selbst. Von seinem Meister wurde er verstoßen, weil er nicht die völlige Offenherzigkeit besaß, die von einem Mönch erwartet wurde. Stattdessen schwang stets eine Spur Hinterlistigkeit und Selbstsucht in all seinen Überlegungen mit – egal, wie sehr er auch versuchte dies zu verdrängen.

    Die Gedanken des Ratonga waren schon immer paradox. Obwohl er sich stets um die, die ihm nahe standen, sorgte, sorgte er sich doch niemals wirklich um sie. Ein Lebewesen bestand lediglich aus Fleisch und Blut – könnte man nicht etwas Größeres schaffen, wenn man das Leid eines Einzelnen außer Acht ließe um sich voll und ganz um das Wohlergehen aller anderen kümmern zu können?

    Tickbert verdrehte die Augen, doch Ximasal übersah das.

    „Weisst dus ... um das Vertrauns meiner Auftraggebs zu er..r..re.ringen, muss ichs i..ichs ihre Aufträgs durchziehens.“

    Er zitterte am ganzen Leib. Dennoch war der Ratonga so zufrieden mit seiner Antwort, das er gleich noch einen oben drauf setzte.

    „Und wenns jemand Unschuldigs stirbt ... hat ers oder sies teils dazu beigetragns, was groß Übels zu vernichtens ...“.
    Während Ximasal diese Worte von sich gab, stand er wieder auf, schliff schwerfällig das Beil hinter sich her, kniete sich über den Leichnam einer seiner ehemaligen Auftraggeber, holte aus, und trieb es durch Hals und Nacken.

    Tickbert zuckte zusammen, als er ein weiteres mal dieses Geräusch hörte.

    Frrrtschkrrrrk

    Er schüttelte den Kopf, wendete sich ab und machte sich wieder Richtung Innenstadt auf.

    „Es ist deine Entscheidung ...“.

    Ximasal hörte schon längst nicht mehr zu. Sein verbissener Blick war auf die geschändete Leiche unter ihm gerichtet, seine Fratze dermaßen verzehrt, dass selbst jene Angst bekommen würden, die Ratonga für „süß“ befanden. Längst hatte er das nächste Stadium seines Deliriums erreicht. Zu dem bisherigen Sprachfehler gesellte sich noch Stottern hinzu.

    „I..ich ... hab .. s..sie befreit. S...s...sie müss...ens ni..nicht mehr lei..leidens.“.

    Er ließ sich auf seinen Hintern sinken und starrte hinauf in den sternenklaren Himmel.

    „I...IN EU...REM N..N...NAMEN!“

    Seine Stimme senkte sich, genau wie sein Kopf.

    „H..hab das ... wollts euch alle nicht tötens... Abers war notwendigs ... ums böse Leuts zu .. um böse Leuts zu ... richtens.“.

    Ximasal schluchzte.

  2. Standard

    "Schrml vrdammte...".

    Ein lautes Gähnen und einige unverständliche Worte waren das Einzige, das Ximasal direkt nachdem er aus dem Bett gekrochen war von sich gab - oder besser: von sich geben konnte.

    Es war noch mitten in der Nacht - wie auch in den Nächten zuvor hatte der Ratonga nur sporadisch geschlafen. In diesen Nächten waren ein starker Kaffee und ein Boxsack, den er letztens erst erstanden hatte, seine besten Freunde. Ximasal hatte in dieser Zeit ein erstaunliches Talent dafür entwickelt, Kaffee zu brauen, der eine mit Zwergenbier vergleichbare Wirkung auf unvorsichtige Personen hatte.

    Selbstverständlich verursachte das Gebräu keinen Alkoholrausch - genauso wenig wie eine große Menge Zucker dies tun würde. Der Rausch war eher anderer Natur.

    Tickbert, ein guter Freund des Ratonga, hatte das Getränk vor einigen Tagen mal als "paradoxen Kaffee" bezeichnet. In ihm war mehr Koffein vorhanden, als es rein chemisch bezogen auf diese Menge Flüssigkeit möglich wäre. Aber wie es mit allen Dingen so ist, tritt früher oder später eine Phase der Gewöhnung ein - und so machte der Kaffee Ximasal zwar wach, jedoch blieben Nebenwirkungen aus.

    Der Ratonga trank einige Schlücke, stellte die Tasse auf den einzigen Tisch in seiner Wohnung und verpasste dem Sandsack einige Schläge und Tritte. Wäre das Ding ein fühlendes Wesen gewesen, hätte es einem richtig Leid tun können. Obwohl der Sandsack erst vor einigen Tagen aufgehängt worden war, trat aus einigen kleinen Löchern bereits Sand aus und verteilte sich auf dem Holzboden.

    Ximasal seufzte und ließ von dem "Prügelknaben" ab, um sich um den Papierkram auf seinem Tisch zu kümmern. Dort stapelten sich einige Aufträge, die er erhalten und nach den Kategorien "Eilig", "Hat Zeit" und "Was für ein Blödsinn" abgelegt hatte.

    Der Ratonga blätterte die einzelnen Mappen durch, zog zwei von ihnen - nachdem er einen Blick auf den Namen des Auftraggebers gelesen hatte - heraus und legte die anderen beiseite.

    Auf den beiden Mappen, die er nun noch in den Händen hielt, war unauffällig in der untere linken Ecke das Wort "Eliminieren" vermerkt - ganz offensichtlich der Typus der Aufträge, die diese beiden Mappen beinhalteten. Mit hochgezogener Augenbraue blätterte Ximasal die beiden Mappen gedankenverloren durch und flüsterte, mehr zu sich selbst.

    "Er wird nie wieder jemanden umbringen ...".

    Der Ratonga hob den Kopf um einen kurzen Blick auf das Hackbeil zu werfen, das vor ihm an der Wand hing. Er grinste, konzentrierte sich aber bald darauf wieder auf die Unterlagen.

    Sorgfältig entfernte er den Namen des Auftraggebers mit einer Rasierklinge und steckte im Anschluss beide Mappen in eine unauffällige Ledertasche, die er schon seit er denken konnte dazu verwendete, solch kritische Dinge zu transportieren. In solchen Momenten liebte er es, ein Ratonga zu sein - unauffällige Kreaturen, die von vielen Personen gemieden, ja geradezu verabscheut, wurden. So war die Gefahr wenigstens ziemlich gering, dass ihn jemand auf den Inhalt der Tasche ansprechen würde.

    Ximasal war gerade auf dem Weg zur Tür um die brisanten Dokumente an einem abgelegenen Ort zu vernichten, fasste dann aber kurzfristig den Entschluss, sich ein wenig Arbeit mitzunehmen. Er breitete die anstehenden Aufträge auf dem Tisch aus und überflog die Notizen auf den Mappen.

    „Eliminieren ... Botengang Klammerauf Nachricht Klammerzu... Eliminieren ... Eli... was für ein beklopptes Wort ...minieren ... Zusammenschlagen ... Spiona...“, kurz hielt der Ratonga inne, zog die Mappe aus dem Stapel, öffnete sie und kratzte sich am Kinn, „Spionage – das hört sich gut an.“.

    In der Mappe waren einige hastig gekritzelte Notizen in schlechtem Ratong, die er selbst verfasst hatte, neben einem Flugblatt und einem edel wirkenden Pergament. Die Buchstaben waren kunstvoll ausgearbeitet und in einem schwungvollen Stil aufs Papier gebracht – dabei bildeten sie nur wenige Worte, wofür Ximasal ziemlich dankbar war. So ging die eigentliche Aufgabe nicht im durcheinander von Sätzen, Absätzen und Interpunktion unter.

    „Ich muss über alles Bescheid wissen. Mitarbeiter, Gäste, Größe und Anzahl der Räume. Nach Erledigung gut bezahlter Folgeauftrag in dieser Sache.“.

    Der Ratonga legte seinen Kopf ein wenig schief und dachte einen Moment lang nach, bevor er einen genaueren Blick auf das Flugblatt warf, das sich ebenfalls in der Mappe befand.

    „Hm, das kenn ich doch ...“.

    Er zuckte mit den Schultern, faltete das Blatt vorsichtig zusammen und verstaute es in seiner Hosentasche, bevor er seine Wohnung verließ und sich langsam auf den Weg machte – immer darauf bedacht, nicht verfolgt und auch nicht beobachtet zu werden.

    Ximasal stieg in den Diebespfad hinab und erreichte bald einen seiner Lieblingsorte – nicht nur im Diebespfad, sondern allgemein. Er nannte diesen Ort „das Grab“ - hierher brachte er die Unterlagen aller erledigten Aufträge und verbrannte sie. Der Ratonga stellte sich hin und wieder vor, wie es wäre wenn dieser Ort leben würde und über all das Leid, das hier in Papierform sein Ende fand, Bescheid wüsste. Ein Ort der Trauer wäre es, ein Ort an dem niemand mehr Ruhe finden könnte – beseelt von Geistern, die voller Zorn nach den Seelen der Wesen greifen würden, die sich hierher verirrten.

    Während die Unterlagen in Flammen aufgingen und sich langsam in Asche auflösten, starrte Ximasal in das Feuer, die Arme verschränkt und nachdenklich.

    „Eines Tages wird all das ein Ende haben. Eines Tages wird alles besser werden. Für alle. Dafür sorge ich schon.“. In seiner Verbissenheit hatte er schon längst verdrängt, dass er derjenige war, der das Leid verursachte.

    Mit diesen Worten zog er das Flugblatt aus seiner Hosentasche, entfaltete es vorsichtig und las den Titel laut für sich vor.

    „Nagafens Flamme.“

    Der Ratonga seufzte.

    „Sollte wohl morgen mal wieder ein Bier trinken gehen ...“.

    Mit einem Lächeln im Gesicht beobachtete er, wie sich das letzte Stück Papier in Rauch auflöste, machte dann kehrt und schlich wieder nach Hause - in der Gewissheit, dass er sicher gut schlafen würde. Die einzige Frage die ihm durch den Kopf ging war, was wohl der „Folgeauftrag in dieser Sache“ sein würde.

  3. Standard

    Ximasal kratzt sich am Kinn und überlegte, bevor er seine Ausführungen fortsetzte.

    "Die Gesellschaft ist ziemlich ... bunt. Ich habe da eigentlich alles vom Menschen bis zum Dunkelelfen gesehen. Sogar einen Oger haben die dort wie es aussieht als Stammgast. Und ziemlich große Kekse ...".

    Der Rattonga war sich nicht sicher, ob die letzte Aussage von belang war - allerdings hielt er es für erwähnenswert, da er beim ersten Anblick dieser kulinarischen Köstlichkeit einen halben Herzinfarkt gekriegt hatte.

    Die Strahlen der Abendsonne drangen durch ein Fenster in den Raum und tauchten ihn in ein diffuses, rötliches Licht. Im Schatten eines massiven Kirschholzregals hatte es sich der ominöse Auftraggeber bequem gemacht und beobachtete jede Bewegung des Rattonga mit wachen Augen.

    Nun, zumindest hatte Ximasal ständig das Gefühl, beobachtet zu werden - so viel Intuition war ihm dann doch geblieben. Mit dunkler, fast schon abstrakter Stimme wies der Auftraggeber den Rattonga mit einem einfachen "Weiter..." an, seine Ausführungen fortzusetzen. Dieser nickte nur und redete wie angewiesen weiter.

    "Die Taverne ist ziemlich nobel ausgestattet. Gewiss ist, dass sich die Inhaber viel Mühe bei der Einrichtung gemacht und sehr großen Wert darauf legen, dass sich jeder Besucher wohl fühlt.".

    Der Rattonga wartete die Reaktion seines Gegenübers ab. Als sich dieser allerdings nicht bewegte, war Ximasal schnell klar, das er mehr hören wollte.

    "Soweit ich weiß, ist als Besitzer der Räumlichkeiten Talktalk - ein Rattonga - eingetragen. Die Taverne wird von ihm, Fhayd und Darlina betrieben. Über letztere konnte ich allerdings nicht viel herausfinden, da sie zu diesem Zeitpunkt nicht anwesend war.".

    Das "Verhör" lief in dieser Art eine Weile weiter. Ximasal erzählte seinem Auftraggeber alles, was er wusste. Von den Stammgästen, über spezielle Details der Einrichtung bis hin zu Neuankömmligen, die die Taverne das erste mal besucht hatten. Auch die Geschichten, die die Taverne betrafen und die er an den beiden Abenden aufschnappte, gab er - allerdings nicht in allen Details - zum Besten. Auch schien die verhüllte Gestalt ein großes Interesse an den Gerichten zu haben, die in der Taverne zubereitet wurden.

    Der Rattonga fühlte sich nicht ganz wohl in seiner Haut. Zwar hielt er pikantere Details gewissenhaft zurück, aber er war sich darüber im Klaren, dass der Auftraggeber nichts Gutes im Schilde führen würde.

    Nachdem alles, was zu erzählen war, auch tatsächlich erzählt war, stand die Gestalt auf, zog einen Sack mit Silbermünzen unter seinem Umhang hervor und war diesen vor Ximasals Füße. Gerade als er seinen Lohn vom Boden aufheben wollte, landete noch eine der Mappen, in denen er für gewöhnlich seine Aufträge ablegte, direkt daneben. Offensichtlich hatte sein Auftraggeber seine Hausaufgaben gemacht - gut für den Rattonga, da diese Mistteile mit der Zeit ganz schön ins Geld gingen.

    Ohne viele Worte zu verlieren machte sich die Gestalt zum Hinterausgang auf, öffnete die Tür und verließ den Raum. Bevor sie allerdings die schwere Holztür hinter sich schloß, hielt sie inne.

    "Erfülle diesen Auftrag und du sollst reich belohnt werden.".

    Mit diesen Worten im Raum ließ der Auftraggeber Ximasal zurück. Dieser hob sowohl das Geld als auch die Mappe auf und verstaute beides in seiner braunen, ledernen Tragetasche, bevor er sich nach Hause aufmachte.

    Die Person, der er soeben begegnete, gab ihm Rätsel auf. Das gesamte Verhalten deutete darauf hin, dass sie entweder ein dunkles Geheimnis barg, oder sich nur penibel darum sorgte nicht von ihren Handlangern erkannt zu werden. Der Rattonga schüttelte den Kopf und nahm sich vor, sein endgültiges Urteil erst zu fällen, wenn er sich den Auftrag im Detail angeschaut hatte.

    Ximasal machte sich nach Hause auf, zog die kneifende Lederrüstung aus, nahm sich einen Lappen, befeuchtete ihn und wischte damit den Staub von den Blättern seines Bonsais ab. Als diese wieder in ihrer ursprünglichen, tiefgrünen Farbe erstrahlten, nickte er zufrieden und setzte sich mit der Mappe auf dem Schoß auf sein Bett. Der Rattonga öffnete sie und las die Kopfzeile.

    Betreff: Taverne 'Nagafens Flamme'.
    Ziel: Alle potentiellen Inhaber und Verwalter.


    Schon in diesem Moment blieb Ximasal nichts anderes übrig als eine Augenbraue hochzuziehen, bevor er weiterlas. Mit jeder Zeile wurde sein blick finsterer, seine noch einigermaßen gute Laune schwand und wurde von einer Art Benommenheit verdrängt. Die Aufgabe war detailliert beschrieben - jede Einzelheit fand ihre Beachtung. Innerlich erschraken die Ausführungen den Rattonga, aber obwohl er allein war - oder vielleicht gerade deshalb - gab er keinen Ton von sich, bis er sich alles eingeprägt hatte und die Mappe schließlich zuklappte.

    Einen kurzen Moment herrschte Totenstille, bevor er anfing Selbstgespräche zu führen, während er einen Federkiel in ein Tintenfässchen tauchte und an der unteren rechten Ecke der Mappe ansetzte.

    "Es scheint, ich sollte mich mal in der Gewerkschaft anmelden. Das wird ein längerer Aufenthalt in Freihafen.".

    Während er das sagte, kritzelte er langsam und gedankenverloren ein Wort auf die Mappe.

    "Eliminieren".

    Dann setzte er den Federkiel an der unteren linken Ecke an.

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