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III. Virtuelles Eigentum in der deutschen Rechtsdiskussion
Virtuelles Eigentum ist in der deutschen Rechtsdiskussion bislang kaum problematisiert worden: Immerhin hat das LG Bonn eine richtungsweisende Entscheidung hinsichtlich der Verfügung eines Internet-Service- Providers getroffen.(34) Dieser hatte einen als "störend" angesehenen Teilnehmer von der weiteren Nutzung des von ihm zur Verfügung gestellten Chatraums ausgeschlossen. In dem anschließenden Rechtsstreit stand das Gericht dem Anbieter des Chatraums bei Beleidigungen anderer Chatteilnehmer durch einen User auf der Grundlage von § 1004 BGB ein "virtuelles Hausrecht" zu.(35) Soweit der Kläger die Auffassung vertrat, er könne willkürlich einzelne Benutzer von seiner Chat-Software ausschließen, war dies nach Ansicht der Kammer unrichtig, zumal der Kläger das Vorliegen einer Störung nicht substantiiert genug begründen konnte. Dennoch müsse dem Kläger als Eigentümer des Chatraumes zugestanden werden, dass er mit seiner Sache grundsätzlich nach Belieben umgehen könne, solange dabei die Rechte Dritter nicht verletzt würden.(36) Abs. 17
Im Ergebnis lässt sich festhalten, dass das LG Bonn mit seinem Urteil das Recht zur Nutzung der vom Anbieter auf einem Server zur Verfügung gestellten Software als "virtuelles Eigentum" anerkannt hat.(37) Es hat den Eigentumsbegriff auf virtuelle Verfügungsrechte über Software und Serverkapazität ausgeweitet. Bei den daraus folgenden rechtlichen Konsequenzen ordnet das Gericht dem Provider eine eigentumsrechtliche Schutzposition zu und vergleicht die Rechtslage mit der Verfügung über reales Eigentum. Dementsprechend verweist das Landgericht in seiner Urteilsbegründung auf die nach seiner Auffassung ähnliche Konstellation des Gebrauchs des Hausrechts eines Supermarktbetreibers, dessen Verfügungsgewalt ebenso eine Grenze in § 903 BGB findet.(38) Es zeigt sich aber auch, dass bei der konkreten Ausgestaltung der rechtlichen Zuordnung von eigentumsähnlichen Rechtspositionen im Cyberspace die "Durchlässigkeit" des "virtuellen Eigentums" stets beachtet werden muss, denn mit der Einordnung in das Internet ist das virtuelle Eigentum von vornherein auf Verknüpfung mit Nutzungen Dritter angelegt.(39) Abs. 18
Neuerdings haben Lober/Weber die Auffassung vertreten, dass das Recht an virtuellen Gegenständen in Online-Rollenspielen immaterialgüterrechtlich zu qualifizieren sei und teilweise absoluten Charakter habe. Eine Übertragung des Accounts wie auch der einzelnen Items erfolge nach § 929 Satz 1 BGB analog. So werde der Account durch die Weitergabe des Zugangscodes vom Veräußerer an den Erwerber transferiert. Sobald der Erwerber den Code abändere, könne der Veräußerer von der weiteren Nutzung ausgeschlossen werden und habe folglich auch keinen Zugriff mehr auf den Account. Für die Übertragung von Items seien jedoch die jeweiligen Modalitäten innerhalb eines Spiels zu beachten.(40)